Freitag, 9. April 2010

50 Cent und der Candy Shop

Im goldenen Internetzeitalter soll man als Schnäppchenjäger schon für läppische 50 Cent einen LCD-Fernseher oder eine Spiegelreflex-Kamera ersteigern können - glaubt man zumindest der lässigen TV-Werbung für die neuartigen Auktionshäuser Swoopo.de und Dealstreet.de!

Wie funktioniert so eine Auktion? Der Kunde muss im Vorfeld Gebote kaufen (1 Gebot ist 50 Cent wert) und mit jedem abgegebenen Gebot steigt der Auktionspreis eines Artikels um 1 Cent wobei sich die Auktionszeit gleichzeitig um 10 Sekunden verlängert. Wer das letzte Gebot abgibt und damit nicht mehr überboten wurde gewinnt die Auktion, zu bezahlen sind dann der Auktionspreis und ggf. die Versandkosten. In der endgültigen Bilanz des Käufers schlägt sich natürlich noch der Wert aller eigenen abgegebenen Gebote nieder, die er vorher im Paket kaufen musste. Falls der Kunde einen Artikel nicht ersteigern konnte, kann er diesen unter Einbeziehung seiner abgegebenen Gebote (Rabatt) auch später noch "direkt" erwerben.

Soweit so gut, doch nun betreten wir den Candy Shop...

Während im Slogan von Bärenmarke noch auf die (eher weniger vorhandene) Qualität aufmerksam gemacht werden muss, wird bei Swoopo ("Puls rauf, Preis runter") und Dealstreet ("Aufregend günstig") das selbe irreführende Marketing-Spiel mit dem Preis gespielt! Weiterhin wird den Kunden in beiden Slogans suggeriert, dass es auf den Plattformen sehr "emotional" zugeht. Wie ich bereits eingangs im Blog erwähnt habe, ist die Emotionalität ein Feind des smarten Konsumenten und je emotionaler ein Kunde handelt, desto höher sind am Ende die Gewinne des Anbieters...

Die Skepsis wird darüber hinaus auch durch die unglaubliche Penetranz der TV-Werbung auf RTL und Pro7 genährt, d.h. diese Werbezeiten müssen ja auch irgendwie finanziert werden und am Ende wollen die dahinter stehenden Unternehmen zudem noch einen Gewinn einfahren - insbesondere wenn hinter dem eigentlichen jungen Anbieter (Dealstreet gehört z.B. der Upside Shopping GmbH) noch eine der größten europäischen Venture Capital Gesellschaften steckt, die börsennotierte (d.h. gewinnmaximierende) Crédit Agricole Private Equity mit einem Verwaltungskapital von 2,8 Mrd. Euro, davon 400 Mio. im Bereich Venture Capital.

Wie können Swoopo und Dealstreet also trotz der enormen Werbeausgaben signifikante Gewinne abwerfen und den Kunden gleichzeitig Schnäppchen in Aussicht stellen, also eine vermeintliche Win-Win-Situation erzeugen? Irgendwer muss doch die ganzen Lollipops im Candy Shop bezahlen?!

Zur Veranschaulichung des - zugegeben genialen - Geschäftsprinzips schauen wir uns mal eine abgelaufene Auktion bei Swoopo an, z.B. diese hier für ein iPhone 3GS 32GB: Der Auktionsgewinner bezahlte 112,61 Euro für den Artikel und 9,90 Euro für den Versand, darüber hinaus hat er 1392 Gebote abgegeben (ein wenig zu emotional...) die ihn 696 Euro gekostet haben. Insgesamt hat er also 112,61 + 9,90 + 696 = 818,51 Euro für das iPhone bezahlt und ggü. dem angegebenen Direktkauf-Preis von 814,99 Euro noch nicht mal etwas gespart - in zahlreichen Online-Shops ist das Gerät sogar für 750 Euro erhältlich! Im Auktionspreis von 112,61 Euro sind allerdings 11261 Gebote enthalten, die alle einen Wert von 50 Cent haben, d.h. der Anbieter hat mit dem iPhone im Wert von 814,99 Euro einen Umsatz von 5630 Euro generiert, also fast das 7-fache des Direktkaufpreises!

Hier noch ein Beispiel von Dealstreet, diesmal ein Samsung LE-40 B530 Full-HD Fernseher: Der Käufer bezahlte 43,59 (Auktionspreis) + 83,50 (seine 167 Gebote) = 127,09 Euro und hat ggü. dem Direktkaufpreis von 579 Euro (im T-Online Shop für 499 Euro erhältlich!) tatsächlich 451,91 Euro gespart. Der Anbieter hat mit dem Fernseher allerdings einen Umsatz von 4359 * 0,50 = 2179,5 Euro generiert, also immerhin gut das 4-fache des Direktkaufpreises!

Wie Sie sehen ist es dem Anbieter wirklich egal wieviel der Einzelne letztendlich für einen Artikel bezahlt und ob er ein kleines oder großes Schnäppchen macht, denn die anderen dummen Kunden die zuvor mitgeboten haben, haben das "Schnäppchen" bereits mit ihren ins Leere gelaufenen Geboten mehrfach finanziert!

Aus Kundensicht fällt zudem negativ auf, dass man für ein Gebot immer 50 Cent berappen muss - egal wie groß das Paket ist das man vorher kauft. Für 20 Gebote zahlen Sie 10 Euro und falls Sie direkt 500 Gebote kaufen bezahlen Sie 250 Euro - das ist schon eine dreiste Unverschämtheit und kein fairer Kundenumgang! Dass die eigenen Gebote auf den Direktkaufpreis angerechnet werden können ist eine faire Geste, allerdings befinden sich die Direktkaufpreise leider in der Regel 10-30% über denen von günstigen Online-Shops.

Betrachten Sie die Zeilen von 50 Cent also als Warnung lieber nicht in den Candy Shop zu gehen! ;-)

I'll take you to the candy shop
Boy one taste of what I got
I'll have you spending all you got
Keep going 'til you hit the spot

Ihr Robin Hood

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen